Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Unabhängigkeit

Kapitel 7. a. Oberperu: der zweite Feldzug der Argentinier

Nach dem für die Patrioten Oberperus katastrophalen Jahr 1812, konnten sie Mitte Januar 1813 wieder Hoffnung schöpfen, als Manuel Belgrano, der im vergangenen Jahr die Führung des argentinischen Nordheers übernommen hatte, aus Tucuman aufbrach, um die Oberperuaner bei ihrem Freiheitskampf zu unterstützen. Nahe Salta besiegte er am 20. Februar die Spanier unter Juan Pio Tristan, die sich hier seit ihrer Niederlage vor Tucuman vor einem halben Jahr aufgehalten hatten.

Manuel Goyeneche, der Oberperu regierte, beorderte Tristan zurück und verlegte sein Hauptquartier von Potosi ins weiter nördlich gelegene Oruro. Hier reichte er seinen Abschied ein und wurde durch Joaquin de la Pezuela ersetzt. Belgrano verfolgte Tristan offensichtlich nicht, sondern zog im Juni in Potosi ein. Der Rückzug der Spanier gestattete den verbliebenen Patrioten im Süden und Osten des Landes erneut die Kontrolle zu übernehmen. Die Argentinier hatten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, und fanden diesmal die Anerkennung der Oberperuaner.

Um sein Befreiungswerk zu vollenden, mußte Belgrano die Spanier aus dem Norden des Landes vertreiben. Dazu richtete er im September einen Feldzug aus. Bei Vilcapujo, gut 100 Kilometer südlich von Oruro, erwartete er sowohl weitere Verstärkungen für sein inzwischen mit Oberperuanern auf dreieinhalbtausend Mann angewachsenes Heer, als auch die rund viertausend Spanier, die der neue Oberbefehlshaber de la Pezuela selbst anführte.

Da die Royalisten beim Eintreffen auf dem Schlachtfeld noch nicht in Kampfformation waren, hätte ein entschlossener Angriff sie wohl vernichtet, wie später auch de la Pezuela einräumte. Statt dessen änderte Belgrano seine Aufstellung, und die Spanier griffen ihn an. Die Verluste der Patrioten betrugen zwar keine zehn Prozent, aber das Heer brach auseinander und löste sich auf der Flucht auf. Bereits hier hätte de la Pezuela mit entschlossenem Nachsetzen dem Feldzug ein Ende setzen können, aber er zog es vor, den Patrioten langsam nachzurücken.

Belgrano führte sein Heer erneut zusammen, beschränkte sich aber auf kleine Guerilla-Aktionen gegen die Royalisten, die zunehmend Versorgungsprobleme bekamen, da ihnen der Rückhalt in der Bevölkerung fehlte. Daher beschloß de la Pezuela, die Entscheidung zu suchen. Belgrano, der sich in diesem Moment in der günstigeren Lage befand, hätte lediglich seine Strategie fortsetzen müssen, um die Spanier zu schwächen. Aber er suchte die Konfrontation.

Am Berg Ayohuma, rund 70 Kilometer nördlich von Potosi, kam es am 14. November zur Entscheidungsschlacht. Wieder ließ es Belgrano zu, daß die Spanier sich in Formation stellten, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, dies zu verhindern. Als ihn ihre überlegene Artillerie zum Angriff nötigte, war es bereits zu spät, und wieder wurde er, allerdings unter beträchtlichen Verlusten, in die Flucht geschlagen. Diesmal wiederholte de la Pezuela seinen Fehler nicht, denn seine Vorhut blieb Belgrano auf den Fersen, der seine Truppen zum Teil wieder zusammenführen konnte, und bis Ende Januar nach Tucuman flüchtete.

Den Patrioten Oberperus blieb wieder nur, als Guerillas den aussichtlosen Kampf gegen die drückend überlegenen Königstreuen fortzusetzen, und erneut auf die Hilfe der Argentinier zu hoffen.



Fortsetzung: Kap. 7.b. Neugranada: Kampf gegen die Königstreuen



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