Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Unabhängigkeit

Kapitel 5.b. Venezuela: Widerstand gegen die Republik

Im Januar kehrte der altgediente Vorkämpfer der Unabhängigkeit Francisco Miranda nach Venezuela zurück. Die Junta von Caracas übertrug ihm den Rang des Generalleutnants der Streitkräfte. Seinen ersten Feldzug gegen Royalisten führte er im Juli.

Inzwischen hatte der für Venezuela zuständige Regionalkommissar Antonio Ignacio Cortabarria von Puerto Rico aus die Seeblockade gegen die Separatisten mittels Korsaren verstärkt. Ohne eine eigene Kriegsmarine waren die Patrioten jedoch nicht in der Lage, sie militärisch aufzuheben. Allerdings stellten sich einige Freibeuter in den Dienst der Republik, die gelegentlich die Blockade durchbrechen konnten. Ein Landungsversuch der Spanier bei dem wichtigen Hafen Cumana scheiterte um die Jahresmitte, da die Verteidigung der Stadt effektiv war, und nach einem gescheiterten Aufstand Anfang März die dortigen Royalisten nicht mehr in der Lage waren, erneut zur Unterstützung der Landungsflotte einzugreifen.

Die bereits im vergangenen Dezember auf Anweisung Cortabarrias begonnenen Kampfhandlungen mit den Royalisten von Guayana am Orinoko verstärkten sich in der ersten Jahreshälfte. Die Gefechte fanden meist am Nordufer, also auf dem Gebiet der Republik statt. Die Junta stellte daher ein größeres Heer im Osten auf, das durch Kanonenboote aus allen Landesteilen verstärkt wurde. Francisco Gonzales Moreno, dem die Leitung übertragen worden war, postierte seine Soldaten in drei Gruppen entlang es Orinoko, um die Vorstöße der Königstreuen zu unterbinden. Bei der Versorgung der Truppen konnte er auf Unterstützung der Bevölkerung bauen. Die Spanier befestigten daraufhin Angostura (Ciudad Bolivar) und unternahmen kleinere Vorstöße ans Nordufer.

In Caracas bereiteten Reden, wie beispielsweise die von Simon Bolivar vor der Patriotischen Gesellschaft, die endgültige Loslösung von Spanien vor. Immer noch loyal gegenüber Ferdinand VII., nahm der Kongreß der befreiten Provinzen die Menschenrechte an und verabschiedete eine Verfassung für einen föderalen Staat. Die Erklärung der Unabhängigkeit am 05. Juli, die drei Tage später ratifiziert wurde, erzeugte bei den Königstreuen massiven Widerstand. Während ein Aufstand am 11. in Caracas noch im Keim erstickt werden konnte, fiel Valencia am gleichen Tag von der Republik ab.

Obwohl die Republik sofort reagierte und die Ausfallstraßen besetzte, konnten die Aufständischen, die der örtliche Militärchef befehligte, nach Norden und Westen ausbrechen, um einige Orte an der Küste und westlich der Stadt unter ihre Kontrolle bringen. Die Spanier in Coro und Maracaibo rüsteten sofort Truppen zur Unterstützung Valencias aus, aber keines der Kontingente schaffte es, rechtzeitig sein Einsatzgebiet zu erreichen. Miranda hatte von der Junta den Auftrag erhalten, den Aufstand zu beenden und schickte den Herzog von Toro als Vorhut nach Valencia. Ab dem 17. Juli kam es nördlich des Valencia-Sees zu ersten Gefechten auf dem Weg. Wegen des Terrains, aber auch wegen der Bootsflotte der Royalisten auf dem See, konnten die Rebellen den Herzog aufhalten. Daraufhin machte sich Miranda mit dem Rest des Heeres auf den Weg.

Die Königstreuen zogen sich vor dem großen Heer zurück, und Miranda, der 15 Kilometer vor Valencia lagerte, begann mit Verhandlungen, um Blutvergießen zu vermeiden. Bereits nach einem Tag wurden die Verhandlungen eingestellt und am 23. Juli eroberten Mirandas Soldaten den Hügel von (Morro de) Valencia, keine zwei Kilometer östlich vom Stadtzentrum. Bei der Verfolgung ergaben sich die Königstreuen, aber in der Stadt griffen sie die Soldaten aus dem Hinterhalt an. Dem Herzog von Toro und Simon Bolivar gelang es mit ihren Abteilungen nicht, den Widerstand vor Einbruch der Nacht zu brechen und sie mußten sich zurückziehen. Der Herzog wurde bei den Kämpfen so schwer verletzt, daß er als Kriegsinvalide den Militärdienst quittieren mußte. Ein Jahr später floh er auf die Antillen und kehrte erst nach der endgültigen Befreiung zurück.

Mit den Verstärkungen, die Mirandas Heer auf 8000 Mann aufstockten, verlegte sich Miranda auf eine Belagerung und eroberte die Orte, die beim ersten Ausbruch der Spanier besetzt worden waren zurück. In den folgenden Tagen gelang ihm die völlige Einschließung Valencias, das er auszuhungern gedachte. Die Attacken vom 08. bis 10. August schwächten die Verteidiger, aber erst der Angriff vom 12. und 13. endete mit der Kapitulation der Spanier. Der Sieg war mit rund 800 Toten zu teuer, und die von Bolivar später hart kritisierte Amnestie für die Rädelsführer wirkte nicht ausreichend abschreckend, um weitere Aufstände zu verhindern.

In Guayana führte Francisco Quevedo im September einen Feldzug auf der Nordseite des Orinoko, der bis weit ins republikanische Hinterland führte, ohne daß das Guayana-Heer der Republik ihn aufzuhalten vermochte. Die Gefahr verstärkte sich, als der designierte Gouverneur von Barcelona, Lorenzo Fernandez de la Hoz einen weiteren Feldzug im Oktober begann, den Manuel Villapol jedoch noch am Orinoko stoppen konnte. Mit seinem Sieg konnte Villapol nicht nur den Hafen Barrancas für die Gegenoffensive im folgenden Jahr sichern, er schnitt auch Quevedo von Guayana ab, so daß dieser seinen Feldzug beenden mußte.



Fortsetzung: Kap. 5.c. Ecuador: Sicherung des Staates Quito



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