Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Unabhängigkeit

Kapitel 15.b. Neugranada: royalistischer Widerstand


Seit der Schlacht von Boyaca im August 1819 hatten die Truppen der Republik das ehemalige Vizekönigreich weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht. Lediglich an der Nordküste und vor allem im Süden, dem heutigen Departement Nariño, hielten sich die Königstreuen standhaft. Dessen ungeachtet festigten sich die republikanischen Strukturen, auch deswegen, weil der Kongreß von Angostura nach Cucuta umzog.

Antonio José Sucre, der von Bolivar den Auftrag erhalten hatte, sich der Patrioten im Gerichtsbezirk Quito anzunehmen, war Anfang Januar nach Cali gekommen, wo er Manuel Valdes, der im vergangen Jahr den Vorstoß von Sebastian de la Calzada nach Popayan beendet hatte, damit beauftragte einen Feldzug nach Pasto zu führen. Seinen Platz als Oberbefehlshaber des Südheeres übernahm Pedro Leon Torres, während Sucre seinen Ecuadorfeldzug vorbereitete.

Valdes erreichte mit seinem unzureichend versorgten und beständig von monarchistischer Guerilla behinderten, nicht besonders großen Heer das Hochland. Es gelang ihm, sich Pasto bis auf zehn Kilometer anzunähern, aber bei Genoy nahm Valdes sich am 02. Februar nicht die Zeit, seine Truppen ausruhen und nach einem durchdachten Angriffplan formieren zu lassen. Die daraus resultierende Niederlage, war derart verheerend, daß er mit dem verblieben Rest seiner Truppen fliehen mußte. Zwei Tage später stellten ihn die Pastusos erneut am Übergang des Rio Juanambu, und fügten ihm schwere Verluste zu. Valdes führte die verbliebenen Soldaten zurück nach Popayan. Die Europäer des Albion-Bataillons nahm Sucre, der am 24. März Cali Richtung Buenaventura verließ, mit nach Ecuador.

Derweil drehten sich auch die Verhandlungen, die Mariano Montilla mit den Spaniern in Cartagena führte, im Kreis, weil diese nicht bereit waren, aufzugeben. Auch, als José Padilla mit seiner Flotte die Bucht von Cartagena eingenommen und die Verbindung zur Festung Bocachica auf der Insel Tierrabomba nach Cartagena unterbrochen hatte. Im April unterstütze Padilla Jacinto Lara, der südlich von Cartagena einen royalistischen Aufstand niederschlug.

Antonio Nariño, der nach der Wiedereinführung der Verfassung von 1812 im vergangenen Jahr in Spanien aus seiner Haft in Cadiz entlassen worden war, hatte Ende März Bolivar im venezolanischen Apure getroffen, und war von ihm mit der ersten Präsidentschaft des Kongresses in Cucuta betraut worden. Dies war sicher auch dem Tod von Juan German Roscio, der bereits entscheidend auf politischer Ebene an der ersten venezolanischen Republik mitgearbeitet hatte, geschuldet. Trotz seiner gefeierten Rede zur Kongreßeröffnung am 06. Mai, hatte er in den beiden folgenden Monaten nicht genügend Rückhalt bei den Delegierten, sodaß José Manuel Castillo y Rada, der untadelige Bruder von Manuel, ab dem 05. Juli die Präsidentschaft im Parlament führte. Unter seiner Führung wurde die Verfassung von Cucuta am 30. August in Kraft gesetzt. Der Kongreß wählte Bolivar zum Staatspräsidenten und Santander zu seinem Stellvertreter. Bolivar nahm die Wahl erst nach dem Erfolg seines Carabobo-Feldzugs im September persönlich in Cucuta an. Bei dieser Gelegenheit ließ er sich auch weitreichende Vollmachten zur Kriegsführung bis über die Grenzen Großkolumbiens hinaus verleihen. Da durch den Tod des letzten Vizekönigs Juan Samano in Panama ein neuer Gouverneur eingetroffen war, der das Land in die Unabhängigkeit entließ, das sich, weil es vorher schon Teil Neugranadas war, der Republik Großkolumbien anschloß. Damit verblieben für Bolivar noch Ecuador, wo bereits Sucre wirkte, und Peru, worüber er mit San Martin in Verbindung stand, sowie Oberperu, zur Befreiung.

Inzwischen hatten die Guerilleros aus dem Tal des Rio Patia einen Feldzug auf Popayan unternommen, den Leon Torres erst vor der Stadt beenden konnte. Da sein Heer unzureichend war, konnte die Guerilla nicht nachhaltig vertrieben werden. Leonardo Infante geriet nur 30 Kilometer südwestlich von Popayan nur einen Monat später in einen Hinterhalt, der ihn zum Invaliden machte, und einige Zeit in Kriegsgefangenschaft führte.

Ende Juli unternahm Leon Torres, den Versuch, die Guerilla im Tal des Rio Patia zu befrieden, aber eine Attacke auf Popayan, Mitte August, die von der zurückgelassenen Wachgarnison abgewehrt werden konnte, überzeugte ihn, sich auf die Verteidigung der Provinzhauptstadt zu konzentrieren.

Nach monatelangen Stillstand lebte die Belagerung Cartagenas in April wieder auf, aber erst in der Johannisnacht, Stunden nach dem Erfolg Bolivars in Carabobo, gelang José Padilla ein entscheidender Schlag gegen das Arsenal von Cartagena im Hafen der Stadt. Anfang Juli kapitulierte die Festung Bocachica und gegen Monatsende verhinderte die republikanische Flotte das Entladen von dringend benötigten Versorgungsgütern am Strand vor der Stadtmauer. Im September fiel der Hügel La Popa vor der Stadt, was die Spanier endgültig zu Kapitulation am 01. Oktober zwang.

In Verbindung mit einem Feldzug südlich der Sierra Nevada de Santa Marta, der sich allerdings bis 1823 hinzog, und der Niederschlagung eines Royalistenaufstands im wiederentstehenden Riohacha, schien die Lage an der Nordküste stabil, aber die Ereignisse des folgenden Jahres in Venezuela, erzeugten erneut Unruhe.



Fortsetzung: Kap. 15.c. Peru: San Martin auf dem Vormarsch



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