Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Tagebuch

38. Von Baños nach Riobamba

Auskurieren in Baños

Da sich meine Erkältung am Berg natürlich eher verschlimmert, als verbessert hatte, wollte ich am Vormittag die hochgerühmten Bäder nutzen und saunieren gehen. François hatte dazu weniger Lust, so daß ich mich allein auf die Suche nach einem geeigneten Bad machte. Es war eine ziemliche Odyssee, die nichts einbrachte, weil ein Bad wegen Renovierung geschlossen war, eines keine Sauna hatte, und das dritte erst am Nachmittag aufmachte. Obwohl anschließend der Ehemann der Hotelbesitzerin mir mit seinem Wagen einige weitere Bäder zeigen konnte, blieb nur das übrig, das ich bereits ausgekundschaftet hatte. Zufällig traf ich François im Hof des Hotels, der gerade von seiner Spanischlektion kam und wir gingen gemeinsam Mittagessen.

Zwischenzeitlich hatte ich mittels meiner Lupe eine optische Ansprache der Gesteinsproben, die ich vom Krater mitgebracht habe, vorgenommen: Es handelte sich um eisenhaltige Schlacke, das eigentliche graue Lavagestein, in dessen Matrix ich Pyrit, Chalkopyrit, Quarz und wahrscheinlich Beryll und Titanit gefunden habe. Außerdem bildete ich mir ein, Bimsstein gesehen zu haben. Die Fumarolen, die wir erstmalig, als äußerst rezente Bildungen, fanden, hatten den typischen Schwefelgeruch, aber um die Exhalationslöcher war außer den gelben Schwefelablagerungen noch was Weißes, das ich aus dem Stand leider nicht definieren konnte. Später fand ich heraus, daß es wohl Gips war. Ich habe mir die Mail-Adresse des Führers geben lassen, der nach der Kraterbesteigung bei einigen Vulkanologen Bericht erstattet hat, um ihm weitere Informationen, nach denen er gefragt hatte, zuzuleiten, auf die ich hier leider nicht zurückgreifen konnte. Ich fragte mich nur, wieso er die Informationen von mir haben wollte, wo er doch mit Vulkanologen offenbar regelmäßig verkehrte und mein Spezialgebiet ein ganz anderes ist.

Am Nachmittag hatte ich mehr Glück mit dem Bad. Es war in einem Hotel, nicht schlecht, aber auch nicht weltbewegend. Es erfüllte den Zweck. Nach gut drei Stunden kehrte ich nach Heilbad und Sauna ins Hotel zurück, von wo aus ich in einen der Internetläden ging, um über meine Vulkantour zu berichten. Danach lief mir François über den Weg und nachdem wir und bei einem Bier im Hof des Hotels etwas unterhalten hatten, beschlossen wir, in ein Restaurant zu gehen. Nach dem Abendessen wollten wir noch einen Kneipenbesuch machen, aber das örtliche Hard-Rock-Café war zu unverschämt mit seinen Preisen, so daß wir in einer überfüllten Touristenkneipe stehen mußten, um unser Bier zu trinken. Auf Dauer war das aber nicht überzeugend.

Verlängerter Aufenthalt

Im Hotel mußte ich mich über den schwachen Service beim Wäschewaschen beschweren. Die beiden Töchter hatten am Vortag zu spät damit begonnen und weil es an diesem Tag und am Vortag geregnet hatte, ist meine Wäsche nicht trocken geworden. Daher mußte ich diesen Tag noch hier, in Baños verbringen, während François am späten Vormittag mit dem Bus nach Riobamba fuhr, nachdem wir uns herzlich verabschiedet hatten.

Anschließend habe ich mir das Dorfmuseum der Dominikanerpater angesehen. Die paar Steine, die sie hatten, schienen mir gekauft zu sein, die ausgestopften Tiere hatten kahle Stellen, aber die Priestertalare, über die gut hundertfünfzigjährige Dorftradition, die waren in besten Zustand und recht ansehnlich angeordnet. Die Basilika, in der es sich befindet, ist kaum interessanter – jedenfalls im Vergleich zu den Museen und Kirchen in Quito. Ich hatte wohl bereits zu diesem Zeitpunkt schon einen gewissen Sättigungsgrad erreicht, was Kultur anlangte.

Nach Mittagessen und Siesta habe ich im Internetladen meinen Bericht vom Vortag ergänzt. Später mußte ich die Ausrüstung und das Fahrrad in Schuß bringen und meine Reisevorräte ergänzen. Den Abend verbrachte ich, nach dem Essen im Hotel, um die Reiseführer zu studieren.

Weiter nach Riobamba

Weil meine Oberschenkel immer noch schmerzten, hatte ich beschlossen, den Bus nach Riobamba zu nehmen. Eigentlich wollte ich einen frühen Bus dahin nehmen, aber den gab es nicht, so daß ich den Anschlussbus nach Cuenca nicht mehr erreichen würde. Außerdem fuhr der Bus aus Baños unverständlicherweise nicht zum terminal. Da ich dies alles vorher schon recherchiert hatte, hatte ich mir bereits aus dem Führer ein Hotel für die anstehende Übernachtung herausgesucht.

Wenigstens war die etwa eineinhalbstündige Fahrt, diesmal regulär im Innenraum des Busses ziemlich interessant. Auf der ersten Hälfte der Strecke war der Weg noch immer aschenbedeckt und an jeder Schlucht war die Straße weggeschwemmt, so daß hier Umwege geschaffen wurden, die es einerseits abenteuerlich, andererseits ungeteert waren. Der Bus mußte gelegentlich so nahe am Straßenrand fahren, daß ein Rad frei in der Luft hing und ich befürchtete, er könne abstürzen. Es war zwar niemals gefährlich tief, aber bis sich, im Bezug auf einen Abschleppdienst oder gar einen Ersatzbus, etwas getan hätte, wäre der Tag gelaufen gewesen.

Genieselt hat’s gelegentlich auch. Wenn das Wetter besser gewesen wäre, hätte ich auch von den Bergen mehr gesehen. Das Panorama war trotz der Wolken beeindruckend. Daß ich allerdings fast tausend Höhenmeter gemacht habe, war der äußerst wellig verlaufenden Straße aber kaum anzumerken, weil’s immer wieder bergab ging. Selbst voll fit, hätte ich Schwierigkeiten gehabt, die Strecke an einem Tag zurückzulegen. Auf der zweiten Hälfte der Strecke waren keine Vulkanite mehr, sondern sandig-konglomeratische Sedimente, die allerdings oft steil standen.

Riobamba

In Riobamba hielt der Bus, wie angekündigt, auf der dem Busbahnhof gegenüberliegenden Seite des Zentrums. Mittels des kleinen Stadtplans im Reiseführer fand ich jedoch die Hotelempfehlung des Führers schnell. Die Provinzhauptstadt von Chimborazo ist zwar eine Hunderttausend-Einwohnerstadt, aber natürlich ebenfalls nach kolonialen Städtebauprinzipien aufgebaut. Mir erschien der Ort etwas farblos, passend zu den wenigen Sehenswürdigkeiten, die er zu bieten hat. Seine Hauptattraktion ist sicher der Blick auf die Vulkane Altar im Osten und Chimborazo im Nordwesten.

Da ich mit dem Bus weiterzufahren gedachte und die Ortsmitte mir wenig attraktiv erschien, wählte ich ein Hotel, das nicht sehr weit vom terminal entfernt lag. Das rächte sich bei der Suche nach dem Mittagessen. In dieser Gegend waren offenbar nicht viele Restaurants. Für das Abendessen fragte ich im Hotel nach und erhielt einen Tipp, nicht allzu weit entfernt. Das Hotel war eher mäßig, aber dafür nicht billig. Das Abendessen war genauso. Ich fragte mich, woraus man hier die Frechheit für die übertrieben hohen Preise bezog, zumal der Ort quasi keine Highlights bot. Der Besuch der Stadt lohnt nicht für mehr als einen halben Tag, obwohl in der Altstadt einige Kolonialgebäude stehen.

Humboldt hielt sich nach seinem Versuch am Tungurahua hier nur kurz auf, bevor er sich an die Besteigung des Chimborazo am 22. und 23. Juni 1802 machte. Das Erdbeben fünf Jahre vor seinem Besuch hatte Riobamba fast völlig zerstört und nur rund fünftausend Einwohner hatten überlebt. Er lobt aber die Schönheit der Ebene und die Aussicht auf die umgebenden Berge. Von den Lehmziegeln, die er als Hauptbaumaterial angibt habe ich im heutigen Stadtbild nichts mehr gesehen. Weil er eine Menge anderer Aktivitäten, wie Vermessung der Berge, Landschaften, sowie Tiere und Pflanzen gezeichnet hatte, verließ er Riobamba erst am 28. Juni.

Nach der Mittagsruhe machte ich einen Spaziergang zum Busbahnhof, um mich wegen der Abfahrtszeiten und dem Fahrpreis zu erkundigen. Dabei kam ich am Parque Guayaquil vorbei, in dem sich einige moderne Plastiken befanden. Es schien mir eine temporäre Ausstellung zu sein. Interessant schon, aber mit dem reitenden Bolívar ein paar Meter weiter, inmitten eines Kreisverkehrs, konnte ich mehr anfangen.

Auf dem Weg fiel mir eine Disco auf, die ich nach dem Busbahnhof aufsuchte. Auch hier fand ich es teuer und außerdem war es offensichtlich noch zu früh, als daß bereits gute Stimmung herrschen konnte. Ich blieb nicht lange, bevor ich zum Abendessen ging. Anschließend beschloß den Abend vor dem Fernseher, nachdem ich mein Tagebuch geführt hatte.



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