Tagebuch
2. Valencia
Ausgedehnte Kurzfahrt
Ich plante, draußen vor der Stadt nochmal Quartier zu beziehen, um dem Stadtverkehr bei der Ausfahrt zu entgehen. Da nur ein kleiner Ortswechsel vorgesehen war, bin ich gegen zehn Uhr, nach Frühstück und Packen zu dem bereits bekannten Taxifahrer am Eingang des Hotels, um mich wegen einer Fahrt zu einer Unterkunftsmöglichkeit an der alten Panamerikana zu erkundigen. Kein Problem, meinte der Mann. Rechnung begleichen im Hotel und Verstauen von Fahrrad und Gepäck in der geräumigen US-Limousine dauerte nicht lange.
Ich war ganz froh, den Weg nicht selbst aus der 5-Millionen-Metropole suchen zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt wußte ich auch noch nicht, daß ich die Autobahn hätte benutzen können, um im Süden der Stadt, zwischen den Stadtteilen El Valle und Coche, die Panamerikana zu treffen. Durch die kurzweilige Konversation mit dem Fahrer habe ich kaum auf den Weg geachtet.
Alexander von Humboldt hatte erheblich weniger Schwierigkeiten die Stadt am 7. Februar 1800, die damals vierzigtausend Einwohner zählte, hinter sich zu lassen. Die Übersichtlichkeit war aber nur ein Grund, da der von Humboldt gewählte Weg nach Las Adjuntas bei meiner Reise durch Stadtviertel führte, vor denen man mich eindringlich gewarnt hatte.
Die Panamerikana ist seit dem Autobahnbau zur Landstraße degradiert worden, was der Verkehrdichte aber offenbar keinen Abbruch getan hat. Mir fiel ein, dass ich vielleicht noch etwas mehr Bargeld brauchen könnte und habe Señor Mendoza gebeten, bei einer Bank einen Zwischenstop einzulegen. In San Antonio de los Altos hat er die Panamerikana verlassen, um mit mir ein Einkaufszentrum anzusteuern. Er beschrieb mir den Weg zur Bank und wartete beim Wagen. Aus Sicherheitsgründen, obwohl der Parkplatz des Einkaufszentrums bewacht war.
Nachdem die Taxifahrt immer länger wurde, weil sich nirgends ein Hotel auf dem Weg vorher als frei erwies und mein bombero-Hauptmann, der offensichtlich in seiner Freizeit Taxi fuhr, immer ungeduldiger wurde, weil sein Dienst demnächst beginnen würde, fanden wir dieses Motel hinter Los Teques, das, wie viele andere auf der Strecke, mehr ein Stundenhotel, als ein richtiges war.
Beginn der Fahrradreise
Hier fand ich endlich Gelegenheit, mich um das Fahrrad zu kümmern: Alles in allem habe ich zwei Stunden damit zugebracht, das Fahrrad wieder zusammenzusetzen und zu testen. Je nachdem, was ich später auf der Reise an Nahrung und Getränkevorräten mitzuführen gezwungen war, wog das Fahrrad mit Gepäck sechzig bis fünfundsechzig Kilogramm.
Zum Sonnenuntergang saß ich hinter dem Haus und habe die, na ja, doch nicht so ganz einsame Berglandschaft, in der Entfernung war Los Teques zu sehen und eine unschöne Erdölleitung, bei einem der angeblich besten venezolanischen Rums genossen. Am nächsten Tag bin ich, bei La Victoria, an der Hacienda vorbeigefahren – obwohl es mir bewusst war und ich sie suchte, gesehen habe ich sie nicht.
Im hügelig-bergigem Land fuhr ich früh morgens zuerst an Kaffeeplantagen, später im Tal auch an Zuckerrohrplantagen vorbei und immer wieder durch mehr oder weniger großen Waldflächen nach Maracay. Ich habe nur geschwitzt, auch wenn ein Gutteil der Strecke bergab ging. Auf dem Weg war ich immer wieder gezwungen der großen Hitze und der Luftfeuchtigkeit Tribut zu zollen und anzuhalten um zu trinken und auszuruhen.
Einladung zum Mittagessen
Bei der zweiten Pause, gegen elf Uhr, an einem Kiosk im Wald, hat mich ein Mestitze angesprochen – sein Englisch war kaum besser, als mein Spanisch zu diesem Zeitpunkt. Es standen auch andere Einheimische, ebenfalls Indianermischlinge, mit Bier da, aber die machten keinen so guten Eindruck, so dass ich erst zweifelte, ob es eine gute Idee war, ausgerechnet hier eine Pause einzulegen. Die Konversation mit José verlief aber so gut, daß ich, nachdem seine ältere Schwester, die auch mit dabei war und beim Samstagmorgenbier eine Runde geschmissen hat, zum Mittagessen mit in ihr Haus in La Cania, einem Ortsteil von La Victoria gefahren bin.
Nach etwa zwanzig Minuten, in denen ich seinem Kleinwagen folgte, erreichten wir den etwas heruntergekommenen, ärmlichen Ort. Auffällig gegenüber später gesehenen, ähnlichen Siedlungen, war die teilweise Asphaltierung der Straßen zwischen den Häusern, die nicht alle, wie das Haus in dem José wohnte, aus Ziegelsteinen gebaut waren. Die meisten Häuser hier waren von einer hohen Mauer umgeben; man traut hier offenbar einander selbst nicht über den Weg. Haus und Hof waren sauber und gut gepflegt, alles machte einen recht neuen Eindruck.
Die ersten arepas waren eine Enttäuschung. Mich haben sie an in der Pfanne gebratene Grießbreitörtchen erinnert. Aber sonst, der Fisch war o.k. – im weiteren Verlauf der Reise wäre ich dem Fisch skeptischer gegenübergestanden, weil die Fischgewässer nicht immer ausreichend sauber sind –, der Tomatensalat war klasse und der Reis bekannt. Es hat sowohl gut geschmeckt, als es auch gut verträglich war. Wegen des Wassers zum Waschen der Tomaten und zum Spülen hatte ich durchaus Bedenken. Ich habe mich mit einem Fernet Branca revanchiert – erwartungsgemäß für Venezolaner zu bitter und zu stark.
Ich bin deswegen mit in ihr Haus gegangen, weil ich gesehen habe, dass er einen kleinen Fiat besitzt und weil er mir von seiner regelmäßigen Arbeit erzählt hat, also, keine Gier, die ich andernorts durchaus gespürt habe, an den Tag gelegt hat. Es war auf keinen Fall ein Fehler und wir haben uns zwei Stunden lang gut unterhalten. Einer seiner Neffen – ja ja, er ist Dreiundsechziger und hat Neffen, die um die zwanzig sind – gab mir einen interessanten Stein; einerseits Grünstein, andererseits in Axtform. Wäre interessant zu erfahren, wie alt die Bearbeitung wirklich ist, weil er mir was von über fünfzehnhundert Jahren erzählen wollte. Auch, wenn ich später immer wieder über die rund fünfzig Kilo Gepäck geflucht habe, wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich des Geschenkes zu entledigen.
Maracay
Nachdem ich diese nette Familie verlassen hatte, bin noch ungefähr eine Stunde, bis kurz vor Maracay, auf der Panamerikana unterwegs gewesen, bis ich mich von einem Schild coco frio – eisgekühlte Kokosnuss – zum Anhalten veranlasst sah: für zirka eine Mark hat mir der Gärtner eine frische(!) eisgekühlte Kokosnuss, oben aufgeschlagen und einen Strohhalm hineingesteckt; Inhalt, etwa ein Liter Kokosmilch. Wahrscheinlich der großen Hitze wegen, sicher aber wegen den ungefilterten Abgasen, ist mir schlecht geworden, so dass ich den guten Kokossaft nicht im Magen halten konnte. Der Verkehr war eine echte Plage und so was wie Nebenstraßen, auf denen es ruhiger zuginge, gab’s nicht. Aber wenigstens fuhren die Venezolaner im Allgemeinen sehr rücksichtsvoll, was Radfahrer anlangt. Daß mal einer schlief, oder die Verkehrsverhältnisse widrig waren, kam natürlich schon vor. Ich habe bestimmt eine Stunde auf dem Stuhl des Gärtners am Straßenrand zugebracht, bis ich noch die dreieinhalb Kilometer zum nächsten Hotel fahren konnte.
Schon wieder so ein Stundenhotel; na ja, wenigstens war die Klimaanlage tadellos und ich hatte eine Garage unter dem Wohnraum. Beim durchzappen auf dem Fernseher, nach der Dusche, bin auf eine später immer wieder festgestellte „Sonderleistung“ dieser Art von Hotel in Venezuela gestoßen: ein hauseigener Videokanal, auf dem, zur Inspiration der Hotelgäste, schlechte, alte Pornofilme liefen, die den Eindruck machten, als seien sie raubkopiert.
Da das Hotel am östlichen Stadtrand von Maracay war und ich auch wenig Lust zu suchen hatte, nutzte ich den Zimmerservice fürs Abendessen. Das Fernsehprogramm war, auch abgesehen von den Videos, an diesem Tag nicht so, dass ich mich länger damit aufhalten wollte. Also schrieb ich in mein Tagebuch und bereitete die nächste Etappe vor.
Der Weg nach Valencia
Ich verließ das Hotel einigermaßen früh, um in Maracay zu frühstücken, bevor es wieder auf die Panamerikana ging. Auf dem Weg nach San Joaquin hat mich in einem Dorf ein junger Radfahrer angesprochen. Da es gerade mal wieder bergauf ging, hielt ich gerne an, um etwas zu verschnaufen. Er zeigte mir seinen Ausweis des internationalen Fahrradclubs und fragte, ob ich dort ebenfalls Mitglied sei, was ich verneinte. Er sagte, er wolle im Laufe der Woche ebenfalls nach Maracaibo aufbrechen und so unterhielten wir uns über den anstehenden Weg und die beste Streckenführung. Er wollte mich unbedingt davon überzeugen, dass der Weg im Süden über Barquisimeto, über die Berge, der bessere gegenüber dem, an der Küste entlang sei. So recht überzeugt hat er mich allerdings nicht.
Relativ eben fuhr ich durch den sumpfigen Wald, entlang des nicht sichtbaren Valenciasees. Hier gewährten die Bäume streckenweise recht gut Schatten. Von weitem bereits sah ich mitten auf der Straße eine Ansammlung von zwei oder drei Dutzend großen schwarzen Vögeln, die etwa zwei Drittel der Straße blockierten. Die Rabengeier waren mit einem toten Pferd beschäftigt und machten mir nur unwillig Platz, aber, entgegen meinen Befürchtungen, hatten sie an mir kein Interesse.
Am Valenciasee, zwischen San Joaquin und Guacara, an einer Raststätte beim dritten Frühstück, trank ich ein paar Bier mit einigen Venezolanern, die sich vom Autofahren erholen mussten. Als ich sie fragte, ob es ein Hotel am See gäbe und man schwimmen gehen könnte, haben sie gelacht, wo es nichts zu lachen gibt. Obwohl sie einen derart gravierenden Mangel an Trinkwasser haben, ist der See sogar zum Baden zu verschmutzt! Selbst in Caracas, bevorzugt in armen Stadtteilen natürlich, wird das Wasser wegen Mangels abgedreht.
Ansonsten konnte ich in der kurzweiligen Unterhaltung noch etwas über Geo- oder Petroglyphen in Vigirima, nordwestlich von Valencia in Erfahrung bringen. Alle Beteiligten genossen offensichtlich das Gespräch und ich mußte mir, wie noch häufiger auf der Reise, ein weiteres Bier ausgeben lassen. Ich gewann den Eindruck, mehr und mehr Spanisch zu verstehen und die Anzahl meiner Fehler schien sich fast täglich zu verringern. Fast überall hat man mich bei solchen Gelegenheiten nach Frau und Kindern gefragt. Mit der Zeit fand ich die passende Gegenfrage. Ob man den glaube, dass ich mich monatelang in Südamerika herumtreiben könne, wenn ich verheiratet wäre und Kinder zu versorgen hätte. Es gab auch „Spezialisten“ die wissen wollten, ob ich mit dem Fahrrad nach Venezuela gekommen sei. Aber klar doch, pflegte ich zu antworten, mit dem Fahrrad über den Atlantik!
Ankunft in Valencia
Um in Valencia ein Hotel zu finden, bin ich fast zu weit gefahren, aber ab zwölf Uhr wurde die Hitze, besonders an diesem ersten Sonnentag, der aber mit ein paar Regentropfen begonnen hatte, nahezu unerträglich. Es war nach zwei, als ich endlich ein Hotel gefunden habe. Irgendwo muss ich falsch abgebogen sein, denn ich stand in einem Vorort der Industriestadt mit über einer Million Einwohnern, in dem es außer Wohnhäusern nichts zu geben schien. Mehr durch Zufall und schon ziemlich genervt, weil es in der Mittagshitze auf der Straße keine Passanten gab, die ich hätte befragen können, stand ich unerwartet vor einem Hotelschild. Es handelte sich um eine Bungalowanlage inmitten von Wohnhäusern. Irgendwie seltsam, aber nicht schlecht. Leider auch nicht billig. Meistens mußte ich für ein Zimmer mit Klimaanlage um die sechzig Mark hinlegen.
Nach der Siesta habe ich mir Gedanken zum weiteren Vorgehen gemacht und beschlossen, noch mindestens einen Tag hier zu bleiben, der Wäsche und der Fahrradwartung wegen. Die Frage vom Vormittag im Gespräch mit dem Radfahrer stellte sich ebenfalls wieder, was nun besser sei. In vielleicht geringerer Hitze sich in die Berge, Richtung Barquisimeto, vorzuquälen, oder es entlang der feuchtheißen Küste zu versuchen, auch wegen des Morrocoy Nationalparks, der einige Inseln für Touristen bereithält.
Zum Frühstücken bin ich in die Stadt gefahren. Die sieben Kilometer wären mir am Vortag mehr moralisch, als physisch – nach einer Pause – nicht mehr möglich gewesen. In einer Bäckerei mit einigen Stühlen und Tischen davor habe ich mir einen der hier üblichen Milchbeutel und ein Gebäck gekauft und mich an einen der Tische gesetzt.
Der Möbelfabrikant
Plötzlich tauchte ein etwa fünfzigjähriger Venezolaner auf, grüßte und setzte sich ungefragt an meinen Tisch und redete auf mich ein. Immerhin stellte er sich als Möbelfabrikant Marcos Grateron vor. Trotzdem traute ich der Geschichte noch nicht und ließ daher mein Fahrrad mit der Ausrüstung nicht aus den Augen.
Nachdem ich zu Ende gefrühstückt hatte, nahm er mich in seine Fabrikhalle mit. Ein mittelständischer Betrieb, der Pressspanplatten mit Furnier zu allen möglichen Möbelstücken verarbeitete und diese zumindest teilweise direkt vermarktet. Er führte mich in ein gut klimatisiertes, modern eingerichtetes Büro, in dem ich seine Sekretärin und den Kompagnon kennen lernte. Nachdem er sich einige Minuten um den Ablauf in seinem Werk gekümmert hatte, kehrte er zurück und telefonierte mit einigen Hotels wegen eines Zimmers für mich.
Im Hotel hat er dafür gesorgt, dass ich ein Einzelzimmer bekam, was in Südamerika eher selten ist. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass das Zimmer in Ordnung war, sind wir wieder zurück in sein Werk, wo er einen seiner Auslieferer damit beauftragte, mich und das Fahrrad beim Hotel abzusetzen. Vorher habe ich mich für den Abend mit Señor Grateron zum Essen verabredet. Bei der gezeigten Hilfsbereitschaft konnte ich kaum anders, als ihn einzuladen.
Nach Dusche und Siesta habe ich zum ersten Mal auch tagsüber gegessen. Ich mußte mir das wegen des Energiebedarfs beim Fahrradfahren wieder angewöhnen. Selbst bei einseinundneunzig Körperlänge waren die knapp neunzig Kilo, die ich zu diesem Zeitpunkt auf die Waage brachte, genug. Am Ende der Reise wog ich, trotz regelmäßigen Essens, nur noch gut achtzig Kilo. Danach habe ich im Hinterhof das Fahrrad geputzt und gewartet. Der Straßenstaub hatte bereits nach hundertdreißig Kilometern die Kette, trotz Teflonöl, das das Anhaften von Staub verhindern soll, überkrustet.
Bei einen Streifzug, später auf der Avenida Bolívar interessierten sich zwei Polizisten dafür, was ich in meine Kippen wickelte, aber gegen Tabak gibt’s kein Gesetz, so daß sie unverrichteter Dinge wieder abziehen mußten. Dabei habe ich in Hotelnähe einen Internetzugang gefunden, den ich sofort nutzte.
Abends sind wir in ein wirklich herausragendes Grillrestaurant gegangen. Marcos hat mir die Wahl gelassen, was ich am liebsten esse. Das Ambiente war schon Klasse: In einem großen, im Indianerstil gebauten „Haus“ – an den Seiten offen und mit Palmzweigen gedeckt – war ein großer Grill über dem das Fleisch briet. Wir sind erst mal hin und haben ein Stück versucht. Ich war begeistert. Das Essen war klasse; das beste Fleisch, das ich zu diesem Zeitpunkt in Südamerika zu essen gekriegt hatte. Der Salat bestand aus Avocados und Palmenherzen, es war genial gut und verträglich.
Nueva Valencia
Weil ich die Wäsche zum Waschen gegeben hatte, benutzte ich die Gelegenheit, mir Valencia anzusehen. Das Aquarium über der Stadt war noch zu, als ich, um kurz vor neun, den etwas abenteuerlichen Weg über die vielbefahrene Avenida Figueredo gemeistert hatte. Zurück in der Stadt, suchte ich eine ganze Weile nach einem Sitzplatz mit Bier. In Südamerika ist Bier grundsätzlich ein Luxusgetränk und kein Grundnahrungsmittel. Und da ich einige Kilometer zu Fuß unterwegs gewesen war, hatte ich keine Lust in einer tienda zu stehen.
Schließlich habe ich mich entschlossen, weil es nicht mehr weit war, noch einen Kolonialbau mit Museum zu besuchen. Aber, das, als so wunderbar beschriebene Casa de los Celios war leider diesen Monat nur für Schulklassen geöffnet, hat mir der Pförtner erklärt.
Also bin ich zurück zum sehr empfehlenswerten Aquarium gelaufen. Die einzigen trainierten Flussdelphine der Welt, hier toninas genannt, sind zwar optisch schon von Flipper unterscheidbar, weil sie etwas längere und spitzere Schnauzen haben, aber ansonsten sind sie genauso verspielt. In einem Schwimmbecken in der Halle führten sie im Zwei-Stunden-Takt ein paar Kunststücke vor.
Im weiteren Verlauf gab’s noch eine ganze Reihe von meist ziemlich bunten Süßwasserfischen, für die es auf deutsch keine Namen gibt, meist aus dem Orinoko- und Amazonasgebiet. Überrascht war ich von der Vielzahl an caribes, wie man hier Piranhas nennt; einige davon waren bis über vierzig Zentimeter lang. Erwähnenswert sind sicher auch die Zitteraale, mit denen sich Humboldt einige Tage, weiter südlich, in Calabazo am Río Guatico beschäftigt hatte. Die Stromschläge, die sie aussenden, können selbst Pferde töten. Auffällig waren die große Anzahl an Wasser- und Landschildkröten und die kleinen Kaimane. Draußen in Freiluftgehegen sind ein paar Landtiere, wie Aras, Tapire, Jaguare, Pumas, Brüllaffen und eine Reihe von Vögeln ausgestellt. Die Tiere waren schon recht laut, aber, als noch eine Schulklasse dazukam, wurde der Lärm unerträglich. Daher setzte ich mich ins zum Zoo gehörende Café ab, um meinen Flüssigkeitshaushalt, der in der Hitze gelitten hatte, wieder auszugleichen. Nach der Stärkung bin ich durch die Hitze zurück zum Hotel.
Nach der Siesta war ich im Internet und, nach einem Spaziergang auf der Avenida Bolívar, bin ich zum Abendessen gegangen. Das etwas urig eingerichtete Restaurant unweit des Hotels war zwar recht gut, aber viel zu teuer und ob das Essen wirklich so gut verträglich war, wollte ich an diesem Tag nicht glauben, denn den unvermeidlichen Reisedurchfall glaubte ich überwunden zu haben.
Abends im Hotel plante ich die nächste Etappe. Die gewaltige Hitze setzte mir noch zu, aber ich hoffte, daß ich mich bald daran gewöhnt haben würde. Keine Frage der Gewöhnung war allerdings der Dichte Verkehr und die damit verbundenen, ungefilterten Abgase der Fahrzeuge. Katalysatoren, hatte ich herausgefunden, waren hier etwas für reiche Spinner, die jede Mode mitmachten. Dort, wo ich hoffte, daß die Bevölkerungsdichte und damit der Verkehr geringer waren, mag dies ja zutreffen, aber in der dicht besiedelten, Autobahnen durchzogenen zentralen Küstenregion, sind Katalysatoren nicht weniger zwingend, als in Westeuropa.