Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Anmerkungen zur Aussprache des Spanischen in Südamerika


Zum besseren Verständnis der Texte ist es hilfreich, zu wissen, wie man spanischen Worte und die in spanischer Schreibweise wiedergegebenen Indianerworte korrekt ausspricht. Dadurch wird in vielen Fällen die Bedeutung eines Wortes, das auf den ersten, den deutschen Blick eben, unverständlich erscheint, klar, denn Spanisch basiert auf Latein, das in Form von Fremdwörtern im Deutschen ebenfalls existiert. Jeraquía ist dafür ein Beispiel, oder völlig unlateinisch, jefe. Andererseits gibt es Worte, die man an der Schreibweise sofort erkennt, aber sich wegen der ungewohnten Aussprache, keinen Reim darauf machen kann, wenn man das Wort nur hört. Ein Beispiel dafür ist jovial. Grundsätzlich ist die Aussprache in Südamerika weniger strikt an die Regeln gebunden und daher für Deutsche leichter zu bewerkstelligen, als dies in Spanien der Fall ist.

Vokale

Die Vokale, E, I, als hell bezeichnet, und A, O, U, als dunkel, sprechen sich, wenn sie zwischen Konsonanten stehen, wie im Deutschen aus. Die Aussprache bei Kombination von Vokalen unterscheidet sich jedoch: IE spricht sich je (tierra, gesprochen: "tjerra", Erde). Für andere Vokale, die nach dem I stehen, gilt dies nicht (tio, tia, ausgesprochen, wie geschrieben, Onkel, Tante). Steht das I hinter einem anderen Vokal, sollten beide meist getrennt ausgesprochen werden, in der Praxis fand ich allerdings meistens eine Zusammenziehung (cuidado, eigentlich "ku-idado", gehört aber habe ich "quidado", aufgepaßt; echte Ausnahme: aceite, gesprochen "aßeite", Öl). Das U ersetzt in Kombination mit anderen Vokalen, am Wortanfang, meist mit einem H davor, den Buchstaben W, über den die spanische Sprache nicht verfügt und das nur in Fremdworten selten erscheint (igual, gesprochen "igwal", gleich, egal; huelga, gesprochen "welga", Streik). Soll das U nach einem G oder C ausgesprochen werden, wo es sonst nur die unhörbare Funktion hat, den Lautwert des vorangehenden Konsonanten zu erhalten, erhält es zwei Striche: Ü (seguir, gesprochen "segir", folgen; antigüedad, gesprochen "antiguedad", Antiquität).

Der Akzent, der gelegentlich über einem Vokal steht, dient einzig dazu, den Buchstaben, beziehungsweise die Silbe zu betonen. Er kommt immer da zum Einsatz, wo die Standardregel, wonach die vorletzte Silbe betont wird, nicht greift.

Konsonanten

Die meisten Konsonanten (B, D, F, das seltene K, L, M, N, P, S, T) spricht man wie von Deutschen her gewohnt aus. Das R rollt man, wie in Franken, unterscheidet sich aber sonst nicht. Bei einigen Buchstaben gibt es eine sprachliche Dualität. Das heißt, sie werden abhängig vom nachfolgenden Vokal unterschiedlich ausgesprochen. Das C wird nominell, wenn ein heller Vokal folgt, wie das englische th ausgesprochen, was ich in Südamerika allerdings tatsächlich gehört habe, war ein ß (ciudad, gesprochen "ßiudad", Stadt). Folgt ein dunkler Vokal oder Konsonant, spricht man k (casi, gesprochen "kasi", fast). Die Verbindung als CH, was im Spanischen als eigener Buchstabe zählt, wird tsch ausgesprochen (poncho, Bedeutung und Aussprache wie im Deutschen). Eine Unterscheidung zwischen einem J und einem G, auf das ein heller Vokal folgt, habe ich nie treffen können; die Aussprache entspricht einem deutschen ch, ziemlich weit oben in der Kehle (rojo, gesprochen "rocho", rot; gente, gesprochen "chente", Leute). Vor dunklen Vokalen oder Konsonanten spricht man das G wie gewohnt aus (gasolina, gesprochen "gasolina", Benzin; grande, gesprochen "grande", groß). Das H ist im Spanischen immer völlig stimmlos und daher nie zu hören (hijo, gesprochen "icho", Sohn). QU entspricht immer einem k (querer, gesprochen "kerer", wollen). Das V ist im besten Fall ein Mittelding zwischen dem w und einem b, wobei ich oft eine Verschiebung zum reinen b gehört habe (mover, gesprochen "mower", bewegen; vaquero, gesprochen "bakero", Kuhbube). Beim X hatte ich die meisten Schwierigkeiten mit der Aussprache, weil ich mich durch die historische Aussprache verwirren ließ. Was heute wie ein X im Deutschen ausgesprochen wird (texto, wie im Deutschen gesprochen, Text) wurde früher offenbar wie ein J im Spanischen ausgesprochen (Quixote, Truxillo und Mexico schreiben sich heute Quijote, Trujillo und Mejico). Offenbar existiert aber auch die Variante das X wie ein weiches ch oder sch auszusprechen. In Südamerika hatte ich jedoch mit der rein deutschen Aussprache nie Schwierigkeiten. Das Y spricht sich wie ein deutsches j (yeso, gesprochen "jeso", Gips). Das Z entspricht in seinem Lautwert dem C vor einem hellen Vokal. Aber auch hier gilt, daß ich eher ein ß, denn ein englisches th gehört habe (mozo, gesprochen "moßo", Kellner u.a.). Zum Schluß noch zwei Spezialitäten. Das eine LL, heißt elje und wird auch so ausgesprochen, lj, eben (calle, gesprochen "kalje", Straße). Für Ñ gilt das gleiche: es heißt enje und spricht sich nj (cañon, gesprochen "kanjon", Schlucht, Kanone).


Ausgerüstet mit diesem Wissen, wird aus dem Anfangs unverständlichen jeraquía, sprachlich "chera’kia", mit der durch den Akzent begründeten Betonung auf der letzten Silbe, aus dem sich die deutsche Übersetzung Hierarchie heraushören läßt, wenn man sich klarmacht, dass die Spanier gern ihre Worte mit "ia" enden lassen, wo wir "ie" benutzen. Beim jefe, "chefe" ausgesprochen, springt einen der Chef förmlich an, während, wenn man "chobial" nur hört, nicht unbedingt sofort jovial impliziert.