Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Unabhängigkeit

Kapitel 9.b. Venezuela: aussichtsloser Widerstand

Anfang 1815 kam es auf dem venezolanischen Festland nur zu vereinzelten Gefechten, bei denen Francisco Morales übriggebliebene Patrioten auf der Halbinsel Paria vernichtete. Auf der Insel Margarita jedoch wurde Anfang Januar ein Triumvirat eingesetzt, das weiterhin die Republik hochhielt. Hierher hatten sich viele der Offiziere der Zweiten Republik geflüchtet, die nicht mit Bolivar nach Neugranada geflohen waren. Die Nachricht von der Ankunft des spanischen Expeditionsheers, 12.500 Soldaten auf 58 Schiffen mit 2.500 Mann Besatzung, veranlaßte die verbliebenen Patrioten, ebenfalls nach Neugranada zu fliehen.

Zu den wenigen, die das Ende der Republik überlebt hatten, gehörte José Tadeo Monagas. Dieser besiegte Mitte März, etwa 130 Kilometer westlich von Angostura (Ciudad Bolivar) eine spanische Abteilung und zog mit Siegen in kleineren Gefechten nach Aragua de Barcelona. Hier wurde er am 14. April geschlagen und die Spanier trieben ihn zurück nach Süden.

Als die spanische Flotte Anfang April vor der Küste Margaritas auftauchte, wurde nach einiger Diskussion beschlossen, dem Antrag des Militärkommandeurs der Insel, Juan Bautista Arismendi, zu folgen und bedingungslos zu kapitulieren. Nachdem Morillo Morales in Carupano getroffen hatte, besetzte er die Insel. Auch wegen der überzeugend gespielten Reue von Arismendi, verzichtete er auf die strafrechtliche Verfolgung der Patrioten. Während er sich im Mai auf den Weg nach Caracas machte, begannen die Streitigkeiten zwischen dem von ihm zurückgelassenen Gouverneur und den Patrioten.

Mit 50 Reitern aus den Hochebenen südlich von Caracas war auch Manuel Cedeño den Royalisten entkommen. Er hatte sich nach Süden durchgeschlagen und näherte sich Anfang Juni Angostura. Bei Vorgefechten Südwesten und Nordwesten gelang es ihm, die Spanier auf den Flußhafen zurückzuwerfen. Monagas, der die ihn verfolgenden Spanier Ende Mai mit einem Sieg hatte abschütteln können, stieß zu Cedeño, und gemeinsam griffen sie zwischen dem 20. und 22. Juni Angostura an. Nicht nur ihrer numerischen Unterlegenheit, sondern vor allem deswegen, weil Morillo Salvador Gorrim mit erfahrenen Truppen aus Spanien zur Sicherung der Stadt geschickt hatte, scheiterte der Versuch, Angostura einzunehmen. Gorrim setzte nach und besiegte die Patrioten auf dem Weg nach Norden mehrfach, sodaß diesen nur der endgültige Rückzug aus der Region blieb. Anfang August fügte eine andere spanische Abteilung ihnen eine Niederlage zu, die zur Aufteilung der Truppe führte. Der Teil, der weiter nach Norden floh, wurde Anfang September auf der Halbinsel Paria aufgerieben. Monagas und Cedeño entkamen mit dem anderen Teil Richtung Süden.

Im August konnten die Spanier nach fortgesetzter Jagd eine Patriotengruppe aus der Umgebung von Maturin gut fünfzig Kilometer südwestlich der Stadt stellen und nach heftigen Kämpfen besiegen. Mit einem Trick überlebte Pedro Zaraza, der anschließend wieder Freiwillige rekrutierte, und nach einem Sieg südlich von Maturin, vereinigte er seine Truppen mit denen von Monagas und Cedeño, um im folgenden Jahr erneut einen Feldzug zu unternehmen.

Die Spannungen auf der Insel Margarita zwischen den spanischen Besatzern und den Patrioten waren bis zum Oktober weiter eskaliert, als der Gouverneur die junge Ehefrau von Arismendi gefangennehmen ließ. Die Unterhandlungen zu deren Freilassung hatten keinen Erfolg, und so bereitete Arismendi den Aufstand vor. Am 15. November überfiel er nachts die Garnison von Juangriego, wo er die Spanier nachts in ihren Betten ermordete. Der Erfolg brachte Waffen und Freiwillige ein, mit denen er kurz darauf Villa del Norte einnahm. Mit dieser Basis führte er in den folgenden Wochen Operationen gegen die Spanier aus, die er trotz einiger Erfolge nie wirklich besiegen konnte. Mit dem Angriff am 25. Dezember auf die Festung Santa Rosa, versuchte er vergeblich seine Frau zu befreien. Mit der Verlegung seiner Frau nach Spanien, entfiel der akute Grund für Schlachten, aber gelegentliche kleine Aktionen der Patrioten hielten die Spanier beschäftigt.

Der Westen Venezuelas stand auch deswegen unter spanischer Kontrolle, weil die verbliebenen Patrioten nach Casanare geflohen waren, um dort mit den Neugrenadinern zusammenarbeiteten. Deren Vorstöße sind im nachfolgenden Kapitel 9.c. beschrieben.



Fortsetzung: Kap. 9.c. Neugranada: der Anfang vom Ende



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