Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Unabhängigkeit

Kapitel 8.a. Peru: erster großflächiger Aufstand

Wie bereits nach der ersten Expedition 1810 hatten die Argentinier auch 1813 versucht, mittels Gesandten die Rebellion nach Peru zu tragen. Aber im Unterschied zum ersten Mal, wo es nur wenige, lokal sehr begrenzte Aufstände gegeben hatte, die für die Kolonialbehörden kein Problem darstellten, war es im Oktober 1813 sogar zu einem Gefecht nordwestlich von Tacna an der Südküste gekommen, bei dem allerdings die Spanier die Oberhand behalten hatten.

Die beiden Aufstandsversuche Anfang Oktober und Anfang November in Cusco waren für die Spanier gefährlicher. Die Angulo-Brüder hatten offenbar über Jahre hinweg gegen die Kolonialmacht in ihrer Heimatstadt Cusco konspiriert und erhielten mit Mateo Garcia Pumacahua den Verbündteten, von dem sie sich bei ihren Aktivitäten Erfolg versprachen. Dieser Häuptling war, noch im vergangenen Jahrhundert, Interimspräsident des Königlichen Gerichtshofs in Lima gewesen. Diese praktisch nie mit einem Ureinwohner besetzte Position, hatte ihm eine Reputation eingebracht, die ihn auch zum General aufsteigen ließ. Strikt königstreu, hatte er an der Niederschlagung von Aufständen auch in Oberperu beigetragen, bis ihm die Verfassung von Cadiz aus dem Jahr 1812 vorgelegt wurde. Diese Lektüre ließ ihn bedingungslos die Seiten wechseln.

Zwei Versuche zur Erhebung in Cusco Ende 1813 endeten mit der Inhaftierung der Rädelsführer durch Verrat in den eigenen Reihen. Nach ihrer Flucht aus dem Gefängnis, gelang es ihnen Anfang August 1814, sich Cusco zu bemächtigen, wo sie eine Junta gründeten. Sie übernahmen die Regierung und rüsteten drei Feldzüge aus, die zumindest den Süden des Landes unter ihre Kontrolle bringen sollten. Während einer der Feldzüge nach Süden, nach La Paz, führte, zielte ein zweiter nach Norden, Richtung Ayacucho, und der dritte richtete sich gegen Arequipa im Westen. Da sich die Spanier mit zurückgelassenen Truppenteilen der Argentinier und Guerillas in Oberperu beschäftigen mußten, konnten die drei Expeditionen der Patrioten anfänglich Erfolge erzielen.

Leon Pinelo und Ildefonso Muñecas führten 500 Schützen und 20000 Indianer im September über Puno nach La Paz. Bei ihrem Einzug am 24. stellten sich die örtlichen Patrioten auf ihre Seite, wobei es zu schweren Ausschreitungen gegen die Spanier in der Stadt kam. Der spanische Oberbefehlshaber Joaquin de la Pezuela entsandte daraufhin Juan Ramirez Orozco mit 1500 Schützen und einigen tausend Indianern, um die Stadt zurückzuerobern. Die Schlacht am 01. November vor der Stadt geriet für die Patrioten zur Katastrophe, vor allem weil Ramirez anschließend den größten Teil der Aufständischen abschlachten ließ.

Mariano Hurtado de Mendoza führte den Feldzug nach Huamanga (Ayacucho), dem der Vizekönig Abascal in Lima ein Regiment unter Vicente Gonzales entgegenschickte, das die Patrioten nördlich von Huamanga am 30. September besiegte. Da die Niederlage nicht so verheerend gewesen war, konnte Hurtado sein Heer neu organisieren und trat Gonzales südlich von Huamanga erneut am 27. Januar 1815 entgegen. Obwohl ihn die Spanier wieder besiegten, konnte Hurtado sein Heer verstärken und besser ausrüsten, da die Spanier in Cangallo von den dortigen Patrioten aufgehalten wurden. Hurtado übertrug José Manuel Romano die Führung der Truppen, aber dieser wechselte die Seiten und führte das Heer in Gefangenschaft. Ende März wurden die Anführer der Separatisten in Cusco hingerichtet.

Die dritte Expedition leitete Pumacahua. Am 09. November schlug er die Spanier unweit Arequipa. Das versetzte ihn in die Lage, die Stadt zu besetzen und die kolonialen Autoritäten abzusetzen. Gegen Ende des Monats jedoch mußten sich die Patrioten zurückziehen, da der Sieger von La Paz, Ramirez, mit seinen Soldaten im Anmarsch war. Dieser besetzte die Provinzhauptstadt erneut und restrukturierte seine Truppen. Juan Pio Tristan als Gouverneur zurücklassend, machte er sich im Februar 1815 auf die Suche nach dem Indianergeneral. Die beiden Heere suchten wochenlang nach einem geeigneten Terrain für die Schlacht, das sie schließlich bei Umachiri, rund 130 Kilometer nordöstlich von Puno fanden. Der Angriff der Spanier im Morgengrauen kam für die Patrioten überraschend und sie zogen sich zurück. Ramirez setzte nach und vernichtete sie am Nachmittag vollständig. Wie schon bei la Paz, hielt er sich nicht damit auf, Gefangene zu machen. Pumacahua gelang zwar die Flucht, aber er wurde bei der Verfolgung gestellt und eine Woche später publikumswirksam enthauptet.

Ramirez setzt den Feldzug nach Cusco fort, das er Ende März in Besitz nahm. Auch hier wurden Todesurteile gefällt und vollstreckt. Der Aufstand war damit endgültig gescheitert. Die Spanier hatten aufgrund ihrer abschreckenden Strafen in den folgenden Jahren nicht mehr mit weiteren Versuchen zu kämpfen, die koloniale Ordnung zu stürzen.



Fortsetzung: Kap. 8.b. Oberperu: spanische Dominanz



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