Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher

Tagebuch

6. Maracaibo

Anfahrt

Morgens fuhr ich planmäßig zum Busbahnhof und gegen zehn verließ der Bus Coro. Die Strecke war äußerst interessant, weil ich aus dem Fenster des Busses den Wechsel von der Kakteen- und Baumsukkulentenlandschaft in eine wesentlich grünere Landschaftsform mit Gras und Bäumen direkt verfolgen konnte. Geologisch gab’s natürlich ebenfalls was zu sehen: Die vorher schon beschriebenen Tertiärformationen, vorwiegend grobsandig, gelborangebraun, stellenweise mit gröberem Material. Dazu gab’s in der Kakteenwüste noch kleinmaßstäbliche Verwitterungsformen, so daß ich mich zeitweise in einer Art kleinem Zion National Park zu befinden glaubte.

Nach schneller Fahrt im neuen Expressbus der Marke Scania, vollklimatisiert und mit abgedunkelten Scheiben, lag der größte See Südamerikas vor mir. Dichteunterschiede zwischen dem Meer- und dem leicht brackischen Seewasser sorgen für ein Gleichgewicht, so daß der See, obwohl er direkte Meerverbindung hat, aus Süßwasser besteht. Seit der Entdeckung von Erdöl 1914 entstanden, vor allem im Südwesten des Sees, unzählige Bohrtürme. Während der Bus über die 8678 Meter lange Rafael-Urdaneta-Brücke fuhr, beobachtete ich einen regen Schiffsverkehr.

Die Ankunft in Maracaibo erwies sich als weniger schön, denn am Busbahnhof waren bereits die Schlepper am Werk. Da ich mir aber vorher überlegt hatte, wo ich hinwollte und im Führer ein kleiner Stadtplan für den Innenstadtbereich war, konnte ich die Verbrecher leicht abschütteln. Eine uniformierte Polizistin tat ein übriges, daß ich ungeschoren auf die richtige Straße, von der aus ich mich orientieren konnte, fand.

Nueva Zamora de la Laguna de Maracaibo

Das Hotel im alten Stadtkern schien ein Flop zu sein, weil es zwar einfach und billig, wenn auch mit Fernseher, aber dafür doch recht dreckig war. Als ich mich deswegen an der Rezeption beschwerte, weil ich es leid war, dauernd das Opfer der Faulheit und Nachlässigkeit hier zu sein, kam zufällig der Chef vorbei und ist mit aufs Zimmer, um sich den Zustand desselben selbst anzusehen. Da alle meine Beschwerden gerechtfertigt waren, kam das Zimmermädchen, um die Unsauberkeiten zu beheben.

Anschließend habe ich mir die Stadt angesehen. Im alten Zentrum gibt’s wirklich einige nette alte Häuser, die mir besser gefallen haben, als Coros Weltkulturerbe. Sie waren nämlich einerseits aus Stein, andererseits auch jünger und die Architektur war gewohnter. Etwa ab Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Ich habe mir auch den Hafen von der Promenade, der Avenida Libertador, aus angesehen. Hier ist auch ein Markt, der allerdings erheblich ruhiger und ungefährlicher erscheint, als der Flohmarkt, etwa einen Kilometer weiter westlich, den ich auf dem Weg zum Hotel am frühen Nachmittag passiert hatte.

Zum Abendessen habe ich mir ein Steak im besten Restaurants der Stadt gegönnt. Ich hatte ein Taxi nehmen müssen, um die Adresse zu finden. Das Mi Vaquita besteht aus einen etwas nobleren Restaurantteil und einer Disco, die rustikaler eingerichtet ist. Hier setzte ich mich an einen Tisch und bestellte ein drei Finger dickes und mehr als zwei meiner Handflächen großes Steak mit Folienkartoffel – begeisternd und das für nicht mal fünfundzwanzig Mark. Im Fernsehen sah ich Champions League: Leeds gegen Mailand, selbst wenn’s wegen der Zeitverschiebung nicht live sein konnte. Für die Radfahrt motivierend wirkte sich ein Bericht über zwei deutsche Siege bei den Radfahrwettbewerben der Olympischen Spiele in Sydney aus. Es war seit langem ein gelungener Abend, nach dessen Ende ich mit dem Taxi ins Hotel zurückkehrte, wo ich nur noch einen Schlummertrunk nahm.

Am Vormittag habe ich den weiteren Umkreis des Hotels bewandert und dabei habe ich eher zufällig die Tourismusbehörde gefunden. Hier habe mich nach Unterkunftsmöglichkeiten für die Strecke nach Maicao in Kolumbien erfragt. Man sagte mir, daß es nur eine, in San Rafael de El Mojan, gäbe, so daß ich für den Tag des Grenzübergangs Härten voraussah.

Ansonsten brachte der Marsch, außer Schweiß, in der heißesten Großstadt Südamerikas, wo über fünfzig Grad möglich sind und die Luftfeuchtigkeit zwischen hoch und enorm schwankt, nichts ein. Na ja, die wohl beste Bäckerei der Stadt habe ich ausfindig machen können. Und eine Flasche weißen Rum habe ich gekauft. Als ich mit dem Taxi zurückgefahren bin, hat der Fahrer nicht glauben wollen, daß ich den ganzen Weg zu Fuß gegangen bin. Mehr als ein paar hundert Meter läuft man hier offensichtlich nicht. Aber dann sich wundern, daß man weder Kraft noch Kondition hat.

Nachdem ich mich gestärkt und etwas geruht hatte, hielt ich es für angemessen, mich bei meiner Mail-Gemeinde zu melden. Am Vortag hatte ich einen Taxifahrer gefragt, wo ich in Maracaibo ein Internet fände. Ich bin überzeugt, daß der Mann genau wußte, daß in der Altstadt einige Plätze gibt, von denen aus ich ins Netz hätte gehen können, trotzdem hat er mir was von einem Einkaufszentrum, gut fünfzehn Kilometer entfernt erzählt. Ich mußte weit über sechs Mark bereits für die Taxifahrt dahin berappen und der Netzzugang ist mit gut fünf Mark die Stunde doppelt so teuer, wie in Coro. Obwohl der Laden ziemlich neu und modern war, fand ich die omnipräsente Klassenzimmeratmosphäre immer ätzend.

Abends war ich in einem argentinischen Restaurant; zufrieden war ich allerdings nicht, daran änderte auch der Fernseher mit lokalem Fußball nichts. Vielleicht hätte ich doch ins Chalet Suizo gehen sollen, hatte aber nicht unbedingt international essen wollen.

Später, vor dem Fernseher im Hotelzimmer, sprach ich dem Rum kräftig zu, was sicher teilweise darin begründet war, daß der Rum eine nicht gekannte Qualität offenbarte. Wie der Name Cacique schon implizierte, was für Häuptlinge.

Nach dem Frühstück bin ich durch die Stadt gelaufen. Nach gut sieben Kilometern bin an einen Aussichtsturm am Rand der Stadt angelangt. Da er leider geschlossen war, habe ich nähere Umgebung in Augenschein genommen und im Parque de la Marina das Denkmal für die Seeschlacht von 1823 gefunden. Die Unabhängigkeit war längst gesichert, als die Spanier hier noch einen Versuch zur Rückeroberung starteten. Ich fand die Schiffe und deren Leistungen in der Schlacht recht ausführlich dargestellt. Den zahlenmäßig weit überlegenen Spaniern wurde eine empfindliche Niederlage zugefügt und weitere Versuche, die Kolonien zurückzugewinnen, unterblieben. Am nahen Ufer des Sees sah ich einen Fischer im flachen Wasser waten. Den Fang hätte ich, der Nähe zum Hafen wegen, wohl kaum gegessen.

Später habe ich mir kombinierte Mineral- und Vitamintabletten in der Apotheke gekauft, die mir den Rest der Reise gute Dienste leisteten. Wenn das Essen einerseits nicht ausreichend nahrhaft war und ich andererseits einen hohen Flüssigkeitsumsatz hatte, waren sie unverzichtbar.

Da ich mich, zumindest nördlich der Altstadt bereits einigermaßen auskannte, konnte ich inzwischen ein por puesto, das bedeutet wörtlich für den Sitzplatz, zu einem Zehntel des Preises, nutzen. Dabei handelt es sich um Sammeltaxis, die feste Routen haben und man steigt ein und aus, wo man will.

Da ich am Vormittag Schwierigkeiten mit der Kreditkarte beziehungsweise der Geheimzahl hatte, bin ich am Nachmittag in eine Bank, um Reiseschecks zu tauschen. Danach habe ich mich auf die Suche nach einem Internet gemacht. Dabei sprach ich einen alten Mann an, wo ich, in der Nähe, eins finden würde. Selbst, wenn mich zuerst für einen Franzosen hielt, war ich doch froh, nicht gleich wieder als US-Amerikaner angesehen zu werden. Als er hörte, daß ich Deutscher sei, fing er an vom „Genie“ Hitler zu schwärmen. Den Hinweis, daß dies vor meiner Zeit gewesen sei, wischte er einfach beiseite. Gott sei Dank war das Internet gerade um die Ecke, so daß er sich mit der Frage auseinandersetzen mußte, wie ich einen Platz erhielte.

Es war wohl ein besonders „kühler“ Tag, weil es morgens regnete. Trotzdem waren mir die Temperaturen hier entschieden zu hoch. Die zwanzig Grad im vollklimatisierten Zimmer waren schon in Coro fast unangenehm kühl! Langsam gewöhnte ich mich wohl an das Klima. Aber ich sah auf der Straße mit Genugtuung genügend Einheimische, die sich ebenfalls den Schweiß abwischten. Apropos Straße: mir sind bereits in Caracas die Motorradhelme aus mattschwarzem Plastik aufgefallen, die an Wehrmachtshelme erinnerten und hier offensichtlich gang und gäbe waren.

Abends habe ich mich wieder im besten Restaurant der Stadt, dem „Mi Vaquita“ , an einer hervorragenden Lende, die fast fünfzehn Zentimeter lang und ziemlich dick war, delektiert. Die Einheimischem behaupten, daß die am Westufer des Sees gezüchteten Rinder besser seien, als die der Argentinier. Besser, als das in Deutschland verkaufte argentinische Rindfleisch, fand ich sie auf jeden Fall. Diesmal war ich im Restaurantteil, weil die Disco in Betrieb war und ich dort deswegen nicht essen konnte.

Das ganze Ambiente ist hölzern rustikal und überall hingen die Utensilien von Rinderhirten an der Wand – neben den Fotos weltbekannter Film-Cowboys aus Hollywood. Nach den Essen bin ich aus einer Mischung aus Langeweile und Neugier auf Venezolanisches Discoverhalten an die Bar. Unterschiede zu Discos in anderen Teilen der Welt fand ich, abgesehen von der lokalen Musikausprägung, nicht.

Zur Grenze nach Kolumbien

Irgendwie hatte ich geglaubt, mehr Zeit zu haben, als ich morgens noch zum besten Bäcker in Maracaibo gefahren bin, um zu frühstücken und Brot und Salami für unterwegs zu kaufen. Gegen neun Uhr bin ich endlich losgefahren.

Zum ersten Mal bin ich auf dieser Strecke von den Bullen angehalten worden. Nach der Passkontrolle und einem kurzen Blick in die Satteltaschen durfte ich weiterfahren. Sie waren eher neugierig, als wirklich aufs Kontrollieren aus. Jedenfalls bei mir; Einheimische werden wohl einer schärferen Prüfung unterzogen. Ich nahm an, daß hier bereits erste Kontrollen zur Entlastung der Grenzbeamten, vielleicht mit konkretem Anlass, durchgeführt wurden. Die kurz darauf folgende alcabala lief wie immer. Ich fuhr freundlich grüßend einfach durch.

In einem nicht genau zu definierenden Ortsteil von Santa Cruz de Mara, war es Zeit, eine Pause einzulegen. Da die Leute nur neugierig, aber nicht neidisch-gierig geschaut haben, habe ich mich eine Weile mit einigen unterhalten. Ein Junge mit Mountainbike kam hinzu, dem ich was zur Ritzelreinigung erklärt habe. Ich fragte noch nach dem Weg und bin dann weitergefahren.

Auf einmal war der Junge wieder da. Diesmal aber mit einem der hier üblichen Kleinfahrräder und er hatte einen Kumpel dabei, von dem ich annehme, daß er mindestens zur Hälfte Guajira-Indianer ist. Nachdem sie mich vom falschen Weg auf die richtige Straße geführt hatten, ist dem Indianer der Vorderreifen geplatzt. Mit meiner Ausrüstung war er in zehn Minuten wieder flott.

Henri Charrière, besser bekannt, als Papillon, verbrachte bei den Guajira-Indianern auf der kolumbianischen Seite einige Wochen. Er beschreibt sie zurecht mit eng beieinanderliegenden Augen, kupferfarbener Haut und pechschwarzem Haar. Die meist etwas wulstigen Lippen um die breiten Münder unterschlägt er jedoch. Die Gesichter der Indianer, die ich gesehen habe, sind meiner Ansicht nach nicht dazu geeignet Schönheitswettbewerbe zu gewinnen.

Die Strecke zog sich und ich bekam in der Mittagshitze selbst einen Plattfuß. Er war wohl darauf zurückzuführen, daß auf der Straße immer wieder Äste von den Sträuchern am Wegrand lagen. Eine Art war dabei, an deren Zweigen sich mindestens drei Zentimeter lange Dornen befanden. Da die Luft aber nur langsam entwich, schaffte ich es noch bis zu einer kombinierten Autowerkstatt mit Kiosk. Hinterradausbau und neuer Schlauch. Anschließend habe ich den Jungs zwei Getränke ausgegeben und mich beim Bier gut mit dem Chef unterhalten. Noch fünfzehn Kilometer, hieß es, bis El Mojan.

Obwohl ich den Halt auch zum Essen genutzt hatte, war ich in El Mojan am Ende meiner Kräfte. Die beiden Jungs haben sich zu einem Fahrradladen abgesetzt und ich habe die Pension gesucht und gefunden. Noch zwei Kilometer zur posada, Pension, erzählten mir einige Einheimische an der Endhaltestelle des Busses.

Das Hotel war nicht nur deswegen das Letzte, weil dahinter nur noch die Guajira-Indianer kamen, sondern weil aus dem Wasserhahn nur warme Luft kam. Die Schwedin, die die Pension besaß, hatte überall Wasserfässer aufgestellt, vor allem im Bad, um diesen Mangel auszugleichen. Die Regierung stellte den Leuten hier tagsüber das Wasser ab, auch nachts um zehn, floss noch nichts. Aus dem hoteleigenen Tank wurden Eimer mit Wasser in Fässer in der Dusche gebracht, wo ein kleiner Eimer die Handgemenge zum Duschen liefert. Ätzend.

Obwohl das gesamte Anwesen, sehr schön ist und am See liegt, ist das eigentlich kein Platz, wo man unbedingt gewesen sein muß. Dafür ist auch der Preis, der eben mit den Wasserschwierigkeiten begründet wird, zu hoch. Mein Vorschlag, wenn schon nicht nach Wasser zu bohren, so doch wenigstens Regenwasser zu sammeln, stieß bei der Besitzerin auf taube Ohren.

Zum Abendessen war ich gezwungen, in einer nahegelegenen tienda einzukaufen und selbst in der Küche, die zum Zimmer gehört, zu kochen, da mir der Weg in den Ort erheblich zu weit war.

Genervt hat mich eine kleine Promenadenmischung des Zimmermädchens. Ausgerechnet in das Zimmer, das man mir gegeben hat, wollte der Köter. Nach langen und zähen Bemühungen gelang es mir schließlich das Vieh mit Taschenlampe und Besen aus seinen Verstecken ins Freie zu treiben. Als mich endlich auf der Veranda vor dem Zimmer erholen konnte, kam auch noch ein Gewitter.

Weil ich zum Frühstück nur die Milch alter Kokosnüsse aus dem Garten des Hotels hatte, die ich selbst aufhacken mußte, bin ich erst zwanzig nach sieben losgekommen. Durch den Regen in der vorangegangenen Nacht war die Straße überschwemmt und ich habe das gut fünfundzwanzig Zentimeter tiefe Schlagloch auf dem Weg in den Ort gefunden. Allerdings ohne nennenswerte Folgen.

Weil mir die beiden Jungs von gestern den Abzweig in Richtung Paraguaipoa gezeigt hatten, bin ich zurück durch den Ort zu der Kreuzung gefahren. Wesentlich einfacher und vor allem kürzer, wäre es gewesen, bereits im Ort abzubiegen, wie ich an Treffpunkt der beiden Straßen feststellen mußte.

Nachdem ich die Kulturflächen um El Mojan hinter mir gelassen hatte, fand ich im Wald wenigstens Schutz vor der direkten Sonneneinstrahlung. An der Zahlstation der Brücke bei Puerto Mara über den Río Limon versuchte der Soldat mir einzureden, daß ich bezahlen müsse. Nachdem ich ihn zurechtgewiesen hatte, daß ich noch nirgends bezahlt habe und es auch in Zukunft nicht tun werde, behauptete er, einen Scherz gemacht zu haben. Ich war überzeugt, daß er, wenn ich bezahlt hätte, das Geld in seine eigene Tasche gesteckt hätte – bierernst. Ich habe tatsächlich auf der ganzen Reise nicht einmal Straßengebühr bezahlt.

Hier, an der Brücke, sah ich einige der legendären Pfahlbauten, palafitos, die Alonso de Ojeda, Juan de la Cosa und Amerigo Vespucci 1499 dazu veranlassten den Küstenstreifen Klein-Venedig, Veniciola, zu nennen. Der Vergleich mit Lagunenstadt an der Adria ist für dieselbe eher eine Beleidigung. Die Pfahlbauweise ist sicher ähnlich, aber die darauf stehenden ärmlichen Hütten sind keinesfalls mit venezianischer Architektur zu verwechseln.

Hinter Sinamaica, wo nur noch vereinzelte Baumgruppen waren, hat mich ein Einheimischer an seinem Hof, im vorbeifahren so schnell als Deutschen identifiziert, daß ich der Ansicht bin, daß er vorher informiert worden ist. Für diese Annahme spricht, daß der Mann, der von seiner Familie und möglicherweise seinem Gesinde umringt war, regelrecht an der Straße zu warten schien und er besaß offensichtlich ein Auto.

Später hat mich ein Wasserfahrzeugfahrer angesprochen und seinen Tanklastzug angehalten. Nach einer kurzen, freundlich geführten Konversation ging’s weiter. Es war kurz vor Paraguaipoa, als ich einen Kiosk an der Straße fand. Hier habe ich eine Pause gemacht und mich mit der Besitzerin des Kiosks unterhalten. Da das Bier hier etwa um ein Drittel billiger war und ich mich vorher schon über einen Ladenbesitzer in einem kleinen Ort an der Strecke wegen seines unverschämten Bierpreises geärgert hatte und daher kein Bier dort getrunken hatte, habe ich ihr erzählt, wie sehr mich das Verhalten der anderen Ladenbesitzer geärgert hat. Auf einmal war da wieder der Wassertanklaster. Er stellte sich als der Ehemann der Bierverkäuferin heraus. Xavier, so war sein Name, kam vorbei und wir plauderten noch ein bisschen. Dabei stellte sich heraus, daß ich schon wieder zehn Prozent Ausländeraufschlag bezahlt hatte. Kein weiteres Bier!

Um den schlechten Eindruck, den ich von seiner Frau gewonnen hatte, etwas abzumildern, bot er mir an, mich die letzten Kilometer nach Paraguaipoa auf dem Tanklaster mitzunehmen. Der offensichtlich recht bekannte Xavier – er wurde immer wieder gegrüßt – hat mich beim einzigen Hotel der venezolanischen Guajira-Indianerhauptstadt abgesetzt. Die Grenze am nächsten Tag zu überqueren erschien mir völlig ausreichend, zumal die Etappe schon ziemlich lang geworden war.

Die recht seltsamen Guajira-Indianer, die das Hotel leiteten, wollten mir aber kein Zimmer geben. Da es mir hier auch nicht sonderlich gut gefiel, bin ich zur Grenze aufgebrochen. Bereits vor der eigentlichen Grenze waren mehrere Kontrollstellen der Polizei. Die Indianer beiderseits der Grenze leben vom Schmuggel. Mehrmals wurden meine Papiere überprüft und einer der Polizisten wollte unbedingt deutsche Münzen, für seine große Sammlung. Da ich ihm aber versicherte, daß nicht genau wisse, in welcher der beiden großen Satteltaschen das Kleingeld, das ich übrigbehalten hatte, war, aber sicher sei, daß es ganz unten wäre, ließ er von mir ab.

Auf der venezolanischen Seite der Grenze erhielt ich zügig einen Ausreisestempel und war froh, Venezuela hinter mir gelassen zu haben.



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