Stefan K. Beck, Privatgelehrter und Projektemacher
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Konquista

Das Grundmuster der Eroberung

Vorgehnsweise der Europäer

Die Vorgehensweise der Eroberer folgte bestimmten Mustern: verlief der erste Kontakt zu den einheimischen Indianern noch friedlich, wurden Tauschgeschäfte abgewickelt, die jedoch bald zur hemmungslosen Plünderung gerieten. Erfolgte Widerstand, wurde der Krieg ausgerufen. Die Legitimation dafür war im Selbstverständnis der Eroberer begründet, die Land und Leute ihren Königen einverleibten. Tatsächlich betonten Ferdiand II. und Isabella immer wieder, daß die Bewohner der neuentdeckten Länder ihre Vasallen waren, nicht aber ihre Sklaven. Auch ihr Enkel Kaiser Karl V. versuchte, nur mäßig erfolgreich, die Rechte der Ureinwohner zu stärken

Üblicherweise wurde eine Proklamation verlesen, bei der es offenbar nicht darauf ankam, daß sie verstanden wurde, nur, daß sie befolgt wurde. Nachdem die Küstenbewohner unterworfen und ausgebeutet worden waren, wandte man sich dem Landesinnern zu. Dazu wurde sogenannte entradas, Expeditionen, ausgerüstet, deren Zweck es war, Indianer zu finden, die Gold besaßen. Glaubten die Eroberer nun, einen Stamm getroffen zu haben, der Kenntnisse über Goldschätze hätte. oder gar selbst besäße, wurde hemmungslos gefoltert, um in den Besitz derselben zu gelangen. Denn alle, die in die Kolonien kamen, hatten nur das eine Ziel, sich zu bereichern – und zwar ohne dafür zu arbeiten.

Die Eigenständigkeit der angetroffenen Kulturen wurden nie zur Kenntnis genommen. Vermeintliche und reale Menschenfresser wurden ausgerottet, homosexuelle Indianer auf Grundlage eines Gesetzes aus dem dreizehnten Jahrhundert zu Tode gefoltert und selbst jene, denen man nichts vorzuwerfen wußte, wurden als Arbeitskräfte zwangsrekrutiert. Hier von einer Schwarzen Legende, leyenda negra, von der sich die Spanier unschuldig angeprangert fühlten, zu sprechen, zeigt einmal mehr den Mangel an Verantwortungsgefühl der Spanier in Europa, deren Pflicht es gewesen wäre, dem unhaltbaren Treiben ihrer Kolonisten und Eroberer Einhalt zu gebieten, zumal sie von den Gütern aus der Neuen Welt, an denen das Blut der Indianer und der aus Afrika importierten Sklaven klebte, über Jahrhunderte gut gelebt haben. Wie in den äußeren zur Unabhängigkeit angeführt, durften nur Roh- oder Halbfertigprodukte hergestellt werden, die die Spanier im Mutterland veredelten, um ihren Profit zu maximieren.

Die Rolle der Kirche

In Kenntnis der Tatsache, daß der Papst keine weltliche Macht ausüben durfte, schlichtete Alexander VI. den Streit zwischen Portugal und Spanien um die neuentdeckten Länder 1494 im Vertrag von Tordesillas mit der Verleihung der Rechte zur Christianisierung in den neu entdeckten Ländern. Da zum diesem Zeitpunkt, die Ausmaße des neuen Kontinents noch nicht ausreichend bekannt waren, konnte eine endgültige Regelung erst im Vertrag von Saragossa 1529 erreicht werden. Damit hatte sich die Kirche, weil sie de facto die Kontrahenten belehnte dafür gesorgt, daß sie ebenfalls am Reichtum der Neuen Welt teilnehmen konnte. Unter dem Deckmantel der Christianisierung wurde den Indianern nicht nur ihr Gold und und ihr Land abgenommen, sie wurden zusätzlich versklavt.

Zwar wurde bereits 1512 ein Gesetz gegen die Indianerversklavung verabschiedet, das unter anderem 1542 eine Verschärfung durch die "Neuen Gesetze" Karls V. erfuhr, aber einerseits wurden die Gesetze in den Kolonien nur unzureichend überwacht und andererseits gab es Aufstände der Kolonisten, bis ihnen die ewigwährende absolute Verfügungsgewalt über die Ureinwohner zugestanden wurde. Um die Rechte der zu zehntausenden importierten Sklaven aus Afrika, die sich als widerstandsfähiger und damit als länger ausbeutbar erwiesen, kümmerte sich niemand.

Die Indianer hatten wenigstens noch Fürsprecher, unter denen der Dominikaner Bartolme de las Casas der bekannteste ist, der mit seinen Berichten und Briefen an den Papst und den König von Spanien zeitlebens versuchte, die Lebensbedingungen der Indianer zu verbessern. Unter dem Aspekt, daß die Eroberer während der ersten hundert Jahre, weniger durch Krieg, als mehr durch eingeschleppte Krankheiten und Zwangsarbeit 85 bis 90 Prozent der Indianer, also rund siebzig Millionen, umbrachten, ist seine Arbeit nicht unbedingt als Erfolg zu werten, obwohl er sicher in Einzelfällen Indianer retten konnte. Denn weder er, noch seine Mitstreiter, argumentierten grundsätzlich gegen die Sklavenhaltung, weil nicht nur Könige - über Steuereinnahmen - von ihr profitierten, sondern auch die Kirche, die sich - einige Orden mehr, andere weniger - selbst Sklaven hielt. Die Kirche als Organisation leistete der Plünderung und Ausrottung der Indianer Vorschub; einzelne ihrer Mitglieder folgten dem Barmherzigkeitsgedanken von Jesus und wurden meist dafür bestraft.

Leben in den Kolonien

Noch während in einzelnen Teilen des südamerikanischen Kontinents um die Vorherrschaft der Iberer gerungen wurde, kamen bereits die ersten Sklaven aus Afrika an, die die Kolonisten bei der Ausbeutung des reichen Landes unterstützen sollten. Dabei ging es sowohl um die Gewinnung von Bodenschätzen, wie Gold, Silber und Edelsteinen, als auch um die Nutzung der landwirtschaftlichen Ressourcen. Angebaut wurden Rohrzucker zur Rumherstellung, Baumwolle, Gewürze, Kakao und tropische Früchte. Auf den Grasebenen wurden Rinder- und Schafzuchten angelegt. Alles unter der Kontrolle von Großgrundbesitzern, die ganze Landstriche beherrschten. Zur Bewirtschaftung der Felder und zum Bergbau wurde das System der encomienda eingeführt.

Nachdem man den Indianern alles genommen hatte, wurden sie den Kolonisten übergeben, die über ihre Sicherheit zu wachen hatten, sie unterbringen mußten und für ihre Missionierung zu sorgen hatten. Im Gegenzug waren die Indianer tributpflichtig und wurden zur Zwangsarbeit herangezogen. Damit wurden sie praktisch zu Leibeigenen gemacht und der Willkür des für sie zuständigen Kolonisten schutzlos ausgeliefert. Dieses System funktionierte so effektiv, daß es mehr Aufstände der Kolonisten in der Kolonialzeit gab, wenn ihnen dieses "Recht" entzogen werden sollte, als Rebellionen der Indianer, um sich zu befreien.